Zur angekündigten Kürzung von Mitteln der ländlichen Entwicklung

In den vergangenen Tagen zeichnete sich ab, dass im Zuge von Haushaltsdiskussionen auch die Bundesmittel für die ländlichen Räume gekürzt werden sollen.

Es wurde die Absicht von Bundesfinanzminister Lindner publik, die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) zu reduzieren.

Wir fordern Sie im Namen der Flusslandschaft Eider-Treene-Sorge mit 122 Gemeinden in den Landkreisen Schleswig-Flensburg, Nordfriesland, Dithmarschen und Rendsburg-Eckernförde auf, dem entgegenzuwirken und sich für eine langfristige und belastbare finanzielle Unterstützung der ländlichen Räume stark zu machen.

Bedeutung des ländlichen Raumes in Schleswig-Holstein

Mehr als 97% der Fläche Schleswig-Holsteins ist ländlicher Raum. Hier leben 80% der Schleswig-Holsteiner und Schleswig-Holsteinerinnen. Etwa 2014 kehrte sich der Trend zur Landflucht bundesweit um. Seitdem verzeichnen die ländlichen Kreise wieder Wanderungsgewinne gegenüber den kreisfreien Großstädten. Diese Entwicklung hat sich durch die Corona-Pandemie, Digitalisierung sowie mobile und flexible Arbeitsformen noch verstärkt und ist in den Gemeinden direkt spürbar.

Gleichzeitig ist der Großteil der ländlichen Regionen strukturschwach und aus eigener Kraft nicht in der Lage, Infrastrukturen und Angebote der Daseinsvorsorge in ausreichender Qualität und Quantität bereitzustellen und zu modernisieren. Über die Grundbedarfe hinaus kommen weitere Aufgaben hinzu, wie der Klima- oder der Katastrophenschutz. Nicht zuletzt gilt es, mit Freizeitangeboten und Treffpunkten die Grundlage für eine hohe Lebensqualität zu entwickeln.

Unsere Gemeinden sind auf Unterstützung angewiesen, zumal angesichts der deutlichen Kostensteigerungen. Der Mittelbedarf ist ungebrochen hoch.

Es sind mehr Mittel für die ländlichen Räume nötig und nicht weniger.

Gleichwertige Lebensverhältnisse für die Mehrheit der Bevölkerung, die ein zentrales Ziel des Koalitionsvertrages sind, können nur erreicht und gesichert werden, wenn auch in Zukunft ausreichende finanzielle Mittel dafür bereitgestellt werden.

GAK-Rahmenplan und -Sonderrahmenplan

Der GAK-Rahmenplan (insb. Förderbereich 1) und der GAK-Sonderrahmenplan sind für unsere Gemeinden und die Menschen vor Ort von essenzieller Bedeutung, um die Lebensqualität heute und in Zukunft zu gewährleisten. Die Förderung mit Bundes- und Landesmitteln für Projekte wie Gemeinschaftshäuser, Sportstätten sowie Freizeit- und Kultureinrichtungen ist nicht zu ersetzen. EU-Mittel sind bei den üblichen Investitionshöhen über 1 Mio. € nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Einführung des Sonderrahmenplans für eine erreichbare Grundversorgung, attraktive und lebendige Ortskerne und die Behebung von Gebäudeleerständen war vor diesem Hintergrund dringend notwendig. Dies kann aber nur der erste Schritt sein. Die über lange Jahre erarbeiteten und in weiten Teilen noch gar nicht messbaren Effekte dürfen jetzt nicht wieder in einer Kurzschlussreaktion zunichte gemacht werden. Sie müssen verstetigt werden.

Investitionsförderung von Bund und Land spielt eine entscheidende, nicht zu ersetzende Rolle für die aktive Gestaltung der ländlichen Räume. Der GAK-Rahmenplan und der Sonderrahmenplan müssen mindestens in gleicher Höhe fortgeführt werden.

Ortsentwicklungspläne

Ortsentwicklungspläne helfen entscheidend dabei, dass Gemeinden sich nachhaltig aufstellen, die Interessen und Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen und Dorfgemeinschaften mutig in die Zukunft gehen. Die Aussicht auf Fördermittel für ausgewählte Schlüsselprojekte spielt dabei eine entscheidende Rolle. Nichts ist frustrierender und demotivierender als „Konzepte für die Schublade“. Diese kosten Energie, Geld und Motivation, statt genau das zu erzeugen.

Wenn die Mittel für investive Maßnahmen gekürzt werden, wird die Bereitschaft in ländlichen Gemeinden sinken, sich strukturiert und mit professioneller Unterstützung eine individuelle, demokratisch legitimierte Zukunftsplanung zu geben.

Regionalbudget

Das seit 2019 verfügbare Regionalbudget stellt eine hervorragende Ergänzung zu bestehenden Fördermitteln von Land, Bund und EU dar. Kleinstprojekte bieten eine niedrigschwellige Chance auf Mitgestaltung für die Bürgerinnen und Bürger. In zahlreichen Fördermaßnahmen wirken letztere mit Rat und Tat mit, übernehmen Verantwortung für Gemeinschaft und Gesellschaft und machen so ihre Umwelt attraktiver und lebenswerter. Von einem sehr großen Anteil der Maßnahmen wie Spielplätzen, Sport- und Freizeitangeboten profitieren Familien und junge Menschen. Sie erfahren hier direkt die Unterstützung der öffentlichen Hand und bauen eine enge Beziehung zu Heimatort und -region auf.

Das Regionalbudget ist durch intensive und engagierte Arbeit in Regionalmanagements und Verwaltungen jetzt etabliert. Es ist in unseren Regionen jedes Jahr etwa doppelt überzeichnet, sodass bereits ein ausgeprägter Qualitätswettbewerb wirksam ist. Die kommunalen Eigenanteile an der Finanzierung stellen ein regionales Bekenntnis dar. Gemeindevertretungen, Vereine und Verbände sowie Bürgerinnen und Bürger bauen darauf, dass diesem Engagement auch von Bundes- und Landesseite entsprochen wird.

Das Regionalbudget stellt eine optimale Ergänzung zu den Förderangeboten der ländlichen Entwicklung dar. Es wurde mit großem Engagement aufgebaut und befindet sich jetzt in einer effektiven und effizienten Routine. Die aufgebauten Kompetenzen und Ressourcen sind zu würdigen und zu sichern.

Wirksamkeit der kommunalen Selbstverwaltung

Aktuell finden im Nachgang der Kommunalwahlen im Schleswig-Holstein die konstituierenden Sitzungen in unseren Gemeinden statt. Es wird angesichts zunehmend anspruchsvollerer Aufgaben, abnehmender Finanzmittel und sinkender Gestaltungschancen immer schwieriger, Menschen für ehrenamtliches Engagement und die Übernahme von Verantwortung zu gewinnen.

In investiven Maßnahmen wird das Handeln der kommunalen Selbstverwaltung maßgeblich wirksam und sichtbar.

  • Hier können Gemeindevertretungen die Zukunft gestalten.
  • Hier können Bürgerinnen und Bürger die Wirksamkeit von Kommune, Land und Bund praktisch erfahren.
  • Hier können Menschen sehen, anfassen und spüren, warum es gut ist in einer Demokratie zu leben und demokratische Werte zu vertreten.
  • Hier werden greifbare Argumente geschaffen, wählen zu gehen.

Wenn die Mittel für die ländliche Entwicklung gekürzt werden, werden auch die erheblichen positiven Auswirkungen auf die Motivation und das Engagement der Menschen auf dem Land und damit unsere Demokratie beschnitten.

Wirtschaftskraft – Stärkung von KMU

Durch Fördermittel ausgelöste öffentliche Aufträge schaffen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft, nicht nur im ländlichen Raum. Profiteure sind aufgrund der Auftragshöhe fast ausschließlich kleine und mittlere Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden. Durch die so ausgelösten direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Effekte werden die eingesetzten Mittel um ein Vielfaches wirksam.

Investitionen in öffentliche Infrastruktur stärken die Wirtschaft und lösen ein Vielfaches an direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Effekten aus. Diese sind gerade in Zeiten konjunktureller Schwäche von enormer Wichtigkeit für die regionale Entwicklung.

Fazit

Die ländlichen Räume entwickeln sich in den vergangenen Jahren zunehmend positiv, die Menschen ziehen aufs Land und wollen hier leben. Finanziell haben die Gemeinden und Verwaltungen keine Spielräume, um gleichwertige Lebensverhältnisse dauerhaft zu gewährleisten. Sie sind auf Unterstützung von Land, Bund und EU angewiesen.

Über den GAK-Rahmenplan konnten in den vergangenen Jahren große Effekte im investiven Bereich erzielt werden. Die Wirkungen gehen weit über das Monetäre hinaus und betreffen u. a. Gemeinwohl und Ehrenamt, die kommunale Selbstverwaltung und unsere demokratischen Werte.

Die GAK-Mittel sind für eine nachhaltige ländliche Infrastruktur wesentlicher als die Mittel aus dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung und regionale Wertschöpfung (BULE). Während die Städtebauförderung in Schleswig-Holstein in 2023 mit einem Volumen von 66 Mio. € ausgestattet ist, ist die GAK für die ländliche Entwicklung nur mit ca. 25 Mio. € versehen. Die Entwicklung des ländlichen Raums durch Bund und Land ist damit jetzt schon stark unterfinanziert. Die jetzt angekündigten Mittelkürzungen betreffen im Verhältnis die ländlichen Mittel wiederum stärker. Das ist ein fatales Zeichen und eine klare Fehlentwicklung.

Haushaltskürzungen dürfen nicht zulasten der ländlichen Entwicklung gehen. Im Gegenteil: Die Förderung ländlicher Räume muss mindestens auf dem bisherigen Niveau gesichert werden.

Bitte machen Sie sich sofort und mit Nachdruck für die Förderung der ländlichen Räume stark! Nur so können wir die Erfolge der vergangenen Jahre verlässlich ausbauen, statt sie wieder preiszugeben.

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